Der Güterbahnhof Moltkestraße in Aachen
ein Beitrag zur Aachener Eisenbahngeschichte
von Roland Keller

Wer auf einer Bahnfahrt zwischen Aachen Hbf und dem Bahnhof Aachen-Rothe Erde in nördlicher Richtung aus dem Fenster schaut, erblickt dort heutzutage eine Gewerbefläche, die moderne Maria-Montessorri-Gesamtschule und eine recht naturbelassene Parklandschaft. Bis vor etwa 10 Jahren bot sich dort noch der Blick auf einen eher unscheinbaren Güterbahnhof, der offenbar selten eines genaueren Blickes oder gar eines Fotos gewürdigt wurde.

Auch auf diesem Bild blicken die Menschen eher auf die an der Zugspitze dampfende 050 164, die am 4. April 1976 beim Dampflokabschiedsfest der Bundesbahndirektion Köln mitwirkte, als auf den links unten liegenden Moltkebahnhof.

Weil es in den einschlägigen eisenbahngeschichtlichen Medien bisher nur wenig Material zum Aachener Moltkebahnhof gibt, will ich mit diesem Beitrag einige Mosaiksteinchen zusammentragen, um die Geschichte des Moltkebahnhofs aufzuhellen.

Im Jahre 1841 wurde als siebte deutsche Bahnstrecke die Eisenbahn von Köln nach Aachen fertig gestellt. Den ersten Aachener Bahnhof errichtete die Rheinische Eisenbahngesellschaft seinerzeit vor den Toren der Stadt (in der Umgebung des heutigen Aachener Hauptbahnhofs). Innerhalb kurzer Zeit folgten weitere Bahnbauten von Aachen nach Lüttich, Maastricht und Düsseldorf, die eine stete Zunahme des Bahnverkehrs in Aachen bewirkten. Obwohl man schon zwischen 1841 und 1843 eindrucksvolle Kunstbauten wie den Burtscheider Viadukt, den Buschtunnel oder die Seilzuganlage mit stationären Dampfmaschinen für die Steilrampe aus dem Aachener Talkessel errichtete, kreuzten die Bahnstrecken die Straßen und Alleen zumeist niveaugleich. An vielen Stellen in der rasch wachsenden Stadt Aachen bescherte diese Lage zunehmende Verkehrsprobleme und behinderte die Stadtentwicklung.

Auf Drängen der Stadt Aachen plante die Königliche Eisenbahndirektion Köln (KED) u.a. in (Aachen-)Forst die Verschiebung und Höherlegung der Rheinischen Eisenbahn im Kreuzungsbereich mit der Trier Straße, etwa vom Einmündungsbereich des Eisenbahnweges hin zur heutigen Trassenführung. Damit einhergehend sollte die alte Station Forst aufgehoben und an ihrer Stelle der neue Bahnhof Aachen-Rothe Erde errichtet werden.

Parallel dazu gab es nach der Verstaatlichung der privaten Eisenbahngesellschaften bei der KED Köln schon 1887 Pläne, einen neuen Zentralbahnhof für Aachen anzulegen. Zudem genügten die damaligen Güterbahnhöfe am Marschiertor bzw. am Rheinischen Bahnhof aus Platzgründen nicht mehr den gestiegenen Anforderungen, so dass die KED Köln auch deswegen eine stadtnahe Alternative suchte.

Die KED Köln fasste zur Lösung dieser Probleme ein passendes Areal entlang der Strecke Aachen - Köln im Bereich Warmweiherstraße/Moltkestraße ins Auge.

Eher an betriebstechnischen Belangen orientiert, übersah die KED Köln allerdings lokale Aachener Befindlichkeiten, denn das vorgesehene Gelände gehörte seinerzeit zur benachbarten Gemeinde Burtscheid. Obwohl die Stadt Aachen im Februar 1888 heftig gegen die Pläne der KED Köln protestierte, blieb die Staatsbahnverwaltung grundsätzlich bei ihren Plänen, beschränkte sich zunächst jedoch auf die Konzeption eines Güterbahnhofes an der Moltkestraße. (Die Moltkestraße ist benannt nach Helmuth Karl Bernhard Graf von Moltke ( * 26. Oktober 1800; † 24. April 1891). Moltke war preußischer Generalfeldmarschall und Chef des Großen Generalstabs. Als genialer Stratege erkannte er früh die Bedeutung moderner Transportmittel wie der Eisenbahn für den Aufmarsch großer Heere. Er gilt zusammen mit Bismarck als Schmied der Reichseinigung von 1871, Moltke aus militärischer und Bismarck aus politischer Sicht.)

In den Jahren 1890 bis 1892 wurden die Eisenbahnplanungen schließlich realisiert, indem man jetzt die gesamte Bahntrasse zwischen dem Rheinischen Bahnhof und dem Stadtteil Forst nach Norden verschob und zur Anhebung des Gleisniveaus einen neuen Bahndamm aufschüttete. Gleichzeitig wurde mit dem Bau des neuen Bahnhofs Aachen-Rothe Erde begonnen.

Obwohl sich die Anwohner des angrenzenden Frankenberger Viertels beschwerten, weil sie eine Einschränkung ihrer Wohnqualität durch den Rauch und den Lärm der Lokomotiven befürchteten, wurde im Jahre 1892 außerdem auch der Bau des neuen Güterbahnhofs an der Moltkestraße begonnen. Von dem Straßennamen abgeleitet wurde dieser Bahnhof bald nur noch Moltkebahnhof benannt.

Kartenausschnitt aus 1925 mit Darstellung der alten und der neuen Trasse sowie Moltkebahnhof

 

Nach der Fertigstellung der neuen Bahnanlagen in Rothe Erde im Jahre 1894 wurde der neue Güterbahnhof an der Moltkestraße nahe der Triererstraße bzw. im Bereich des dortigen Personenbahnhofes an den Bahnhof Aachen-Rothe Erde angeschlossen und am 1. April 1895 offiziell in Betrieb genommen. Der Moltkebahnhof diente ausschließlich als Güter- und Rangierbahnhof.

Rund 100 Jahre lang bestand die am Bahnhof Aachen-Rothe Erde abzweigende Verbindungsbahn zum Moltkebahnhof. Am Nachmittag des 10. April 1983 begab sich 332 137 auf die Strecke zum Moltkebahnhof, um dort eine Übergabe zusammenzustellen und abzufahren.

Die Güterbahnhöfe am Marschiertor und am Templerbend konnten anschließend aufgegeben werden, so dass deren Flächen beim weiteren Umbau der Aachener Bahnanlagen für andere Nutzungen verwendet werden konnten.

An der Drimbornstraße in Aachen hat sich aus der Zeit des Bahnbaus eine eigenwillige Eisenbahnbrücke mit zwei Gleis-Ebenen erhalten. Auf der unteren Ebene verlief einstmals das Anschlussgleis zum Bahnhof Aachen-Rothe Erde und auf der oberen Ebene befindet sich die Hauptstrecke Köln - Aachen. Das Ausziehgleis des Moltkebahnhofs endete rechts vor der Brücke an der Drimbornstraße.

Die zur Innenstadt hin gelegene Nordansicht der Unterführung Drimbornstraße, aufgenommen am 09. November 2008. Das über der Brückenfassade sichtbare Geländer markiert die Trasse des ehemaligen Gleises zum Moltkebahnhof, der an der Dammkrone sichtbare Kabelkanal gehört zur Hauptstrecke Köln - Aachen.

 

Detailansicht der nördlichen Brückenseite: Der Schlussstein im Gewölbebogen zeigt auf der Nordseite die Jahreszahl 1891. Möglicherweise gehören die gelben Ziegel allerdings nicht zur ursprünglichen Fassadengestaltung. Es gibt Fotos aus dem Jahre 1958, die Bauarbeiten auf der linken Fassadenseite zeigen.

Auf der Südseite der Unterführung Drimbornstraße ist der geschachtelte, enger werdende Brückenbogen gut erkennbar. (Foto vom 09. November 2008)

Auf dieser Gesamtansicht der Südseite zeugt die Vielfalt der verbauten Materialien von stetiger Bautätigkeit. Der gelb verklinkerte Aufsatz könnte beim dreigleisigen Ausbau zwischen Aachen Hbf und Bf. Aachen-Rothe Erde entstanden sein. (Foto vom 09. November 2008)

 

Zum bedeutendsten Aachener Güterbahnhof entwickelte sich in der Folgezeit allerdings der am 30. Oktober 1910 als Ersatz für den ehemaligen Bahnhof Templerbend in Betrieb genommene neue "Westbahnhof" (Bf. Aachen-West). Neben diesem sowie in Konkurrenz zu den Güterbahnhöfen Aachen-Rothe Erde und Aachen-Nord errang der Güterbahnhof an der Moltkestraße nie die ihm zugedachte Bedeutung. Zudem trug auch eine Stadtentwicklung, die im Innenstadtbereich eine Trennung von Wohnen und Arbeiten verfolgte bzw. wegen fehlender Expansionsmöglichkeiten eine Verlagerung der Industriebetriebe aus dem Stadtkern bewirkte, zum Niedergang des Güterbahnhofs an der Moltkestraße bei.

 

Bei einem Bombenangriff am 10. April 1944 wurden das Bahnhofsgelände und das angrenzende Frankenberger Viertel stark getroffen. Zwischen Mitte September und Mitte Oktober 1944 eroberten die US-Truppen nach zähen Kämpfen die eingekesselte Stadt Aachen. Am Ende des Zweiten Weltkrieg war der Moltkebahnhof ebenso wie der Bahnhof Aachen-Rothe Erde schwer zerstört und nicht mehr benutzbar. Der Güterbahnhof Moltkestraße ging nach Beseitigung der Kriegsschäden erst am 10. April 1948 wieder in Betrieb. Für die Güterabfertigung errichtete man eine neue Güterhalle, während das Verwaltungsgebäude wiederaufgebaut werden konnte. Anfang der 1960er Jahre stellte sich der Moltkebahnhof so dar:

Schon im Jahre 1947 hatte die Aachener Baustoffhandelsfirma „Boendgen" auf dem Bahnhofsgelände eine erste Halle übernommen und wieder aufgebaut. Die Ansiedlung der Firma „Boendgen" brachte dem Moltkebahnhof einen neuen Aufschwung. Diese Firma pachtete kurze Zeit später auch den kriegszerstörten ehemaligen Zollschuppen, baute diesen wieder auf und nutzte ihn ebenfalls als Baustofflager. In einem weiteren Schritt errichtete die Firma „Boendgen" ein Zementlager, das zunächst aus zwei kleineren und zwei großen Zementsilos bestand und später noch um zwei weitere große Silos ergänzt wurde. Schließlich pachtete sie von der Deutschen Bundesbahn auch die an die Güterabfertigung anschließende, parallel zur Strecke Köln - Aachen liegende Außenrampe, um auf dieser Fläche Baustoffe zu lagern und umzuschlagen. Als die Deutsche Bundesbahn die Güterabfertigung an der Moltkestraße auflöste, übernahm die Firma „Boendgen" auch dieses Areal.

Für die Baustoffversorgung in der Zeit des Wiederaufbaus und in den Wirtschaftswunderjahren entwickelte sich hier ein lebhafter Umschlagplatz mit ausgelasteten Gleisanlagen. Der Güterbahnhof lebte jetzt überwiegend von dem florierenden Baustoffhandel. Alleine die Firma „Boendgen" schlug im Wagenladungsverkehr jährlich zwischen 120.000 - 150.000 to Fracht um. Dazu wurden mit Rücksicht auf die Verladekapazitäten im wöchentlichen Wechsel eine Woche lang täglich 4 bis 6 Waggons, in der anderen Woche täglich 10 bis 12 Waggons entladen.

Zusätzlich betrieb die Firma „Boendgen" mit 36 angemieteten Zementsilowagen einen Blockzugbetrieb, bei dem 2 Wagenparks gebildet wurden, die im täglichen Wechsel auf dem Moltkebahnhof entladen bzw. bei den Zementwerken in Oberkassel bei Bonn sowie in Sötenich bei Kall/Eifel beladen wurden. Im Moltkebahnhof wurde der angelieferte Zement mit Kompressoren und Druckluftleitungen in die neu errichtete Siloanlage umgefüllt, von wo aus er mit LKWs zur Weiterverteilung gelangte. Dieser Zementverkehr lief rund um die Uhr und fand bis Ende der 1960er / Anfang der 1970er Jahre statt. Er endete mit dem Aufkommen des logistisch komfortableren Transportbetons.

 

Auf dem Gelände des Moltkebahnhofs entstand in den 60er Jahren dieses Foto eines firmeneigenen Büssing-Zementlasters. Hinter dem Schornstein der Lagerhalle ist die Zementsiloanlage noch schwach erkennbar. Mit solchen LKWs wurde der Zement zu Silos transportiert, die die Firma „Boendgen" auf Baustellen betrieb. Zeitweilig hatte man bis zu 100 Baustellensilos im Einsatz.

Auf diesem ebenfalls in den 60er Jahren entstandenen Bild ist die Zementverladeanlage auf nunmehr 6 Silos erweitert worden.

Die Gebäude der Güterabfertigung wurden nach deren Schließung ebenfalls vom Baustoffhandel übernommen und erweitert. Der rege LKW-Verkehr gehörte sowohl bei der Deutschen Bundesbahn als auch bei der Firma „Boendgen Baustoffhandel GmbH" zum alltäglichen und gewohnten Bild.

Die umfangreichen Freiflächen des Moltkebahnhofs wurden in den 60er Jahren nahezu vollständig zu Lagerzwecken verwendet. Zur Anlieferung witterungsunempfindlicher Baustoffe wurden offensichtlich überwiegend Rungenwagen eingesetzt.

 

Neben der Firma „Boendgen" als Hauptnutzer des Moltkebahnhofs konnten natürlich andere Bahnkunden weiterhin Wagenladungsverkehr auf den Bahnanlagen abwickeln. Als weitere Pächter waren zeitweise zudem bspw. die Baustoffhandelsfirma „Averdieck" und eine Spedition, die Kunststoff-Folien für die Firma „Hoechst" auslieferte, ansässig.

Der Güterbahnhof war trotz dieser Firmennutzungen bis 1986 ein öffentlicher Güterbahnhof der Deutschen Bundesbahn. Die DB nutzte den Bahnhof selbstverständlich auch für eigene Betriebszwecke, beispielsweise zum Abstellen von nicht benutzten Waggons oder gelegentlich als Zwischenlager für ausrangierte Lokomotiven. Außerdem nutzte das in beengten räumlichen Verhältnissen in der nahe gelegenen Bachstraße untergebrachte Kraftwagen-Betriebswerk Aachen den Moltkebahnhof als Abstellplatz für Straßenroller und Zugmaschinen.

Auch dieser Bildausschnitt enthält ein interessantes Detail, zeigt er doch einen Straßenroller und eine DB-Zugmaschine vom Typ "Berliet", die das nahe gelegene DB-Kraftwagen-Betriebswerk Aachen hier zwischen geparkt hat. Lediglich sechs Zugmaschinen vom Typ "Berliet" wurden von der Deutschen Bundesbahn in Kooperation mit der SNCF beschafft.

Aachener Bahnkunden sollen nur sehr selten vom Moltkebahnhof aus mit Straßenrollern beliefert worden sein.

Auf diesem Bildausschnitt ist die zum Zeitpunkt des Fotos einzige auf dem Moltkebahnhof eingesetzte Rangierlok erkennbar. Vermutlich handelt es sich um eine preußische Lok der Baureihen 91³.

Ich vermute, dass der Moltkebahnhof zudem auch von Loks der BR 50 angefahren wurde. Denn am 14. Sept. 1958 machte die Lok 50 556 Schlagzeilen, als sie bei einem nächtlichen Einsatz auf dem Moltkebahnhof den Prellbock des Ausziehgleises überfuhr und im Bereich der dortigen Straßenbrücke auf die Drimbornstraße stürzte. Bilder von diesem Ereignis können Sie hier sehen.

 

Bei einigen der gezeigten Bilder handelt es sich um Ausschnittvergrößerungen eines Luftbildes aus der ersten Hälfte der 60er Jahre, dass eigentlich das florierende Baustofflager der Firma „Boendgen" wiedergeben soll, dem Eisenbahninteressierten nebenbei aber eben auch den Moltkebahnhof in seiner ganzen ursprünglichen Ausdehnung zeigt. Deshalb hier noch einmal das Gesamtpanorama des Moltkebahnhofs:

 

Der abgebildete Plan des Moltkebahnhofs aus den 60er Jahren zeigt die Gleisanlagen noch in seiner weitestgehenden ursprüngliche Form.

Im Laufe der 80er Jahre führten mehrfache Rückbaumaßnahmen zu einem deutlich ausgedünnten Gleisplan.

In den 80er Jahren habe ich den Moltkebahnhof mehrfach aufgesucht und den Bahnbetrieb abgebildet. In dieser Zeit wurde der Bahnhof regelmäßig mit einer der beiden Köf III-Loks bedient, die als Stammloks dem Bahnhof Aachen-Rothe Erde zugeteilt waren. Sehr häufig waren dies die Aachener Loks 332 137 und 332 187.

 

 

Als ich am 15. September 1983 von der Straßenbrücke „Erzbergerallee" auf den Moltkebahnhof hinunterblickte, waren dort gerade Gleis(-ab-)bauarbeiten im Gange. Aus diesem Grunde kam es ausnahmsweise zu einem Zweizugbetrieb. Während 332 109 sich mit Rangierarbeiten beschäftigt, verlässt ein Bauzug den Moltkebahnhof .

Wenige Tage später, am 19. September 1983, erwischte ich die Lok 332 013, als sie auf den nunmehr verkleinerten Gleisanlagen das Rangiergeschäft erledigte.

Zunächst zog sie einen von Baustoffen entladenen Rungenwagen von einer Kopframpe ab.

 

Im Hintergrund befinden sich die 1908/09 erbaute Herz-Jesu-Kirche und die Brücke Erzbergerallee

Anschließend fuhr die Lok in Richtung ehemalige Zementverladeanlage und stellte diesen Waggon dort ab. Den Ladekran kann man schon auf den Fotos aus den 60er Jahren sehen.

 

 

Ganz typisch für die Umgebung vieler Güterbahnhöfe waren Betriebsgelände von Kohlenhändlern. Wie links hinter der Lok zu sehen ist, hat es das auf dem Moltkebahnhof selbst 1983 noch gegeben. Die zeitgemäße Variante des Brennstoffhandels war in den 1980erJahren die Flüssiggasumfüllanlage, die sich auf diesem Foto rechts hinter der Lok befindet.

Dieses Flüssiggaslager war neben der Firma BOENDGEN-BAUSTOFFE einer der letzten Güterverkehrskunden auf dem Moltkebahnhof. In den Übergaben vom oder zum Moltkebahnhof war in den 80er Jahren häufig ein Flüssiggas-Kesselwagen anzutreffen.

Nach so vielen Fotos mit Kleinloks war die nach Aachen-West fahrende 215 124 am 19. September 1983 eine willkommene Abwechslung für den Fotografen….

 

Am 5. Januar 1984 hatte ich wieder einmal das Glück, beim Überqueren der Brücke Erzbergerallee einen Zug im Moltkebahnhof anzutreffen. 332 187 befuhr mit einer Wagengruppe gerade das ehemalige Ausziehgleis ……….

 

…….. als ihr auf dem Streckengleis Köln - Aachen 110 264 mit einem Reisezug nach Aachen Hbf begegnete.

An diesem Tag wurde der Moltkebahnhof u.a. auch als Abstellplatz für einen Bautrupp genutzt.

 

Aber auch ohne rangierende Lokomotiven bot der Moltkebahnhof Fotomotive. Am 08. Juli 1986 fand ich dort diese Szenen:

Anstelle der Lok zwar ein Laster, aber dennoch gibt es Wagenladungsverkehr, wie der im Hintergrund links von den Zementsilos zur Entladung bereitgestellte Güterwagen beweist.

Die ehemaligen Laderampen der Güterabfertigung, links der Damm der Strecke Köln - Aachen. Auch hier werden noch Bahnfrachten entladen.

Stillleben am Gebäude der ehemaligen Güterabfertigung

 

Als ich am 14. August 1986 auf einen Zug wartete, erwischte ich vom Bahnsteig aus ein weiteres Mal eine vom Moltkebahnhof zurückkehrende Übergabefahrt, diesmal bei der Einfädelung in den Bahnhof Aachen-Rothe Erde.

 

Im Jahre 1986 erwarb die Firma „Boendgen" das Moltkebahnhofs-Gelände von der Deutschen Bundesbahn, weil es aus Bahnsicht nicht mehr betriebsnotwendig war. Der Moltkebahnhof nebst der Anschlussstrecke bis zum Bahnhof Aachen-Rothe Erde erhielt damit den Charakter eines Gleisanschlusses. Vom Bahnsteig in Aachen-Rothe Erde konnte man nahe der Anschlussweiche ein Schild sehen, das die Eisenbahner auf den Gleisanschluss der Firma „Boendgen" hinwies. Interessanterweise nutzte die DB die Gleisanlagen aber weiterhin wie ihre eigenen, stellte dort bspw. Baufahrzeuge und Bauzugwagen ab und nahm Rückbauten vor.

Die Firma „Boendgen" hielt dem Moltkebahnhof bis zuletzt die Treue und betrieb dort bis in die zweite Hälfte der 1990er Jahre Wagenladungsverkehr. Zu den letzten Nutzern gehörte außerdem ein Flüssiggaslager, das regelmäßig mit Gaskesselwagen beliefert wurde.

Ende der 90ere Jahre, vermutlich Ende 1998/Anfang 1999, erfolgte der Rückbau der letzten Gleisanlagen.

 

Während auf dem Mittelteil die Maria-Montessorri-Gesamtschule errichtet und östlich davon im Juni 2002 der neu geschaffene "Bürger- und Jugendpark Moltkebahnhof" eröffnet wurde, ist die Firma „Boendgen" auf dem Westteil des ehemaligen Moltkebahnhofs weiterhin auf etwa 20.000 m² Fläche mit einem Baustofflager sowie einer integrierten Baumarktfiliale ansässig.

Das verkleinerte, schienenfreie Restareal der Firma „Boendgen" auf dem Gelände des Moltkebahnhofs, aufgenommen um das Jahr 2002

Die Bahntrasse zum einstigen Anschluss des Moltkebahnhofs an den Bahnhof Aachen-Rothe Erde wurde im Jahre 2004 zum Fußweg umgebaut. An der Westseite des dortigen Bahnhofsvorplatzes ist dabei als Zugang zur Bahntrasse eine neue Rampe angelegt worden. An der Brücke Erzbergerallee gibt es einen weiteren Eingang zum "Bürger- und Jugendpark Moltkebahnhof".

 

Die ehemalige Bahntrasse nahe am Bahnhof Aachen-Rothe Erde im Bereich des westlichen Bahnsteigendes
(09. November 2008).

 

Die Unterführung Drimbornstraße aus der Sicht des Spaziergängers. Links vom Weg befindet sich das Brückengeländer (vgl. Bild 6).
(09. November 2008)

Nach Westen geschaut eröffnet sich von der Brücke Erzbergerallee heute dieser Blick. Ein kurzer Gleisrest kündet von vergangenem Schienenverkehr. (Foto vom 09. November 2008)

Ein Besuch des „Bürger- und Jugendparks Moltkebahnhof" wird für Eisenbahnfreunde, die durch diesen Bericht Interesse am Moltkebahnhof gefunden haben, eher enttäuschend sein.

Der eisenbahninteressierte Heimwerker könnte evtl. aber einen Einkauf bei der dortigen Filiale des Baustoffhandels „Boendgen" erwägen, bietet dies doch Gelegenheit, sowohl die ehemalige Güterabfertigung des Moltkebahnhofs zu besuchen, als auch auf dem dortigen, weit ursprünglicher belassenen Bahnhofsteil ein wenig auf den Spuren dieses verhinderten Aachener Hauptgüterbahnhofs zu wandeln.

 

Vergangenheit

- der einstmals alltägliche Blick von der Brücke „Erzbergerallee"

Die Gleisanlagen des Moltkebahnhofs am 4. Oktober 1983

 

Ich danke ganz besonders der Firma „BOENDGEN BAUSTOFFE GmbH" aus Aachen für ihre freundliche Unterstützung bei der Zusammenstellung dieses Beitrags und die Überlassung von Bildmaterial.

 

Roland Keller