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Die Zahnradlokomotiven des Eschweiler Bergwerksverein

 

Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in Eschweiler die erste Großschachtanlage im Aachener Revier, die Grube Zentrum mit den Schächten  Alt-Großkohl, Friedrich Wilhelm, Wilhelmine, Kronprinz und Luise. Zur Wasserhaltung diente der Heinrichsschacht, aus dem sich später die Grube Eschweiler-Reserve entwickelte, die ab 1880 die Förderung aufnahm. Nachdem in der Zeit von 1870 bis 1891 alle anderen Gruben im Inde-Revier stillgelegt wurden, wurde lediglich auf dem Feld der Grube Eschweiler Reserve weiter Kohle gefördert.

In unmittelbarer Nähe entstand 1853 auf dem Ichenberg die Concordia-Hütte, zu dieser Zeit das einzige Hochofenwerk im Aachener Revier. Die Hütte erhielt einen,  ausgehend vom Werk Hasselt, 500 m langen und 7% steilen Eisenbahnanschluss. Für derartige Steilstrecken reichte seinerzeit die Adhäsion Rad/Schiene nicht, um schwer beladene Güterwagen zu transportieren. Daher entschied man sich zum Bau einer Zahnradbahn, bei der mittig im Gleiskörper eine Leiter-Zahnstange mit trapezförmigen Sprossen (System Riggenbach) eingebaut wurde. Auf dem folgenden Bild ist an der linken Bildhälfte die Zahnradbahn zu sehen, rechts das Stahlwerk Concordia.

Foto entnommen aus dem Buch "Der Eschweiler Bergwerksverein 1834-1910"


Zu diesem Zweck wurden drei speziell für den Werkbahnbetrieb entwickelte Lokomotiven von der Maschinenfabrik Esslingen gekauft. Es handelte sich dabei um  folgende Lokomotiven:   

Nr. Hersteller Fabriknummer. Baujahr
1 Esslingen 2358 1890
2 Esslingen 2528 1892
3 Esslingen 3085 1899

In diesen Lokomotiven wurde der Zahnradantrieb nur bedarfsweise über ein Vorgelege zugeschaltet. Die Maschinen hatten eine Länge (LüP) von 6205 mm und einen Achsstand von 1850 mm, das Dienstgewicht betrug 16,7 t. Die maximale Fahrgeschwindigkeit lag im Reibungsbetrieb bei 20 km/h, im Zahnradbetrieb bei 10 km/h.

 

 

Foto: Esslinger Maschinenfabrik

Im Jahr 1912 ließ der EBV eine Verbindungsstrecke zum Stolberger Hauptbahnhof bauen. Mit einer großen Eisengitterbrücke wurde die Phönixstraße und das Indetal in Richtung Stolberg Hbf überbaut. Auf Grund statischer Probleme wurde diese Brücke durch die preußischen Genehmigungsbehörden nicht abgenommen und damit nicht für den Regelverkehr freigegeben sondern durfte nur gelegentlich befahren werden. In der Folge daraus musste weiterhin die Steilrampe genutzt werden.

In den 20er Jahren wurden die Zahnradlokomotiven ausgemustert. Welche Lokomotiven ihre Aufgaben übernahmen, ist mir nicht bekannt.
 
Knapp 20 Jahre später, 1939/1940 erloschen die Öfen der Concordia, da das Werk durch seine überalterten Anlagen nicht mehr konkurrenzfähig war. 1944 erfolgte die entgültige Schließung der Hochofenanlagen und nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden die Anlagen abgebrochen. Auf dem Gelände entstand ein Elektrostahlwerk, welches beginnend ab 1957/1958 bis 1984 aus Schrott Formstahl produzierte, dann aber auch stillgelegt wurde.

Die Brücke über die Phönixstraße und das Indetal wurde 1959 abgebrochen. Erhalten ist heute noch der Bahndamm mit dem restaurierten Brückenwiderlager  sowie ein Brückenpfeiler. Von der einstigen Zahnradbahn sind leider keine Spuren mehr zu finden.

Dennoch - auch heute noch kann man in Eschweiler-Aue Werkbahnbetrieb vorfinden. Mehr dazu unter folgendem Link: 

ESW-Eschweiler Stahlwerke GmbH, Auestr. 25, Eschweiler

Literatur:
[
1Zahnradbahnen in Deutschland
von Jens Merte
[2]  Zahnradbahn in Weferlingen von Dr. Karl Thielecke
[3] Daniel Salber, Das Aachener Revier, Verlag Schweers + Wall, 1987
[4] Lutz-Henning Meyer, 150 Jahre Eisenbahn im Rheinland, J.B.Bachem Verlag Köln, 1989
[5] Oskar Stegemann, Der Eschweiler Bergwerksverein 1834 - 1910
[6] Die Concordia-Hütte: ein rheinisches Hochofenwerk der 1850er Jahre, Rheinisches Amt für Denkmalpflege,10. Jahrgang Nr. 1



© Guido Rademacher