Das Bahnbetriebswerk Aachen Rothe Erde wurde beim Bau der Vennbahn angelegt und am 30.06.1885 dem Betrieb übergeben. Hier waren Güterzuglokomotiven beheimatet, die den Güterzugbetrieb auf den vom Rangierbahnhof Aachen Rothe Erde abgehenden Strecken bespannten. Darüber hinaus beheimatete das Bw Aachen Rothe Erde die auf dem gleichnamigen Bahnhof eingesetzten Rangierlokomotiven.


In Aachen Rothe Erde gab es einen Ringlokschuppen, der zwischen den Gleisen der Hauptbahn Aachen - Köln und der abzweigenden Vennbahn Richtung Brand lag. 
Der folgende Gleisplan aus dem Jahr 1940, den ich mit freundlicher Genehmigung des Verlages Thomas Barthels auf dieser Seite zeigen darf, veranschaulicht die Lage des Bahnbetriebswerkes.

 

Das folgende Bild ist eine Ausschnittsvergrößerung des oben abgebildeten Planes. Die Gebäude des Bahnbetriebswerkes sind hier deutlicher zu erkennen.

 

 

 

Sicherlich gehörte das Bahnbetriebswerk Aachen Rothe Erde nicht zu bedeutenden  Bahnbetriebswerken der Region. In der Literatur sind nur wenige Angaben zu finden. Die Übersicht der Bahnanlagen lässt aber erahnen, dass es einen umfangreichen Güterverkehr in diesem Bahnhof gab.

 

Fotos aus dem Bahnbetriebswerk Aachen Rothe Erde sind selten zu sehen. Um so mehr freut es mich, dass ich die Erlaubnis bekommen habe, einige Bilder hier auf dieser Seite zu zeigen.

Das erste Bild stammt aus der Sammlung Harald Kurkowski und ist in mehrfacher Hinsicht beachtenswert.

 

Es zeigt eine preußische G 8.1, die die Nummer 4926 trägt. Der Anlass für das Foto ist unbekannt. Beachtenswert ist neben der Loklaterne und der an der Pufferbohle angebrachten Loknummer das aufgestellte Schild.


 

Die Abkürzung „R.C.F.T.O.“ bedeutet „ Régie de chemin der fer des territoires occupés“  (Regiebahn im besetzten Gebiet.)

Im Waffenstillstandsabkommen vom 11. November 1918, dass von Siegermächten und Deutschland zum Ende des ersten Weltkrieges unterzeichnet wurde, verpflichtete sich Deutschland Reparationsleistungen zu erbringen. Eine Forderung des Abkommens war die sofortige Abgabe von 5.000 Lokomotiven und 150.000 Eisenbahnwaggons.
Ein weiterer Vertragsgegenstand war die Besetzung des westlichen Rheinlandes durch alliierte Truppen; Aachen wurde durch belgische Truppen besetzt.
Im Versailler Vertag vom 28.Juni 1919 wurden die endgültigen Ansprüche der Alliierten gegenüber Deutschland festgelegt. Trotz großer Anstrengungen war Deutschland nicht im Stande die Forderungen zu erfüllen und geriet in immer größere wirtschaftliche Probleme. Als Folge daraus verzichteten die Allliierten 1922 zwar auf Geldleistungen, forderten aber höhere Abgaben in Form von Kohle, Stahl und Holz. Am 26.Dezember 1922 stellte die alliierte Reparationskommission fest, dass Deutschland die Bedingungen des Versailler Vertrages nicht erfüllt. Als Folge wurde zwischen dem 11. und 16. Januar 1923 das Ruhrgebiet durch französische und belgische Truppen besetzt.
Die Regierung der Weimarer Republik rief zum passiven Widerstand auf. Die Reparationszahlungen wurden eingestellt, durch Generalstreiks wurden die Betriebe teilweise lahm gelegt. Auch die deutschen Eisenbahner beteiligten sich am passiven Widerstand, der Bahnverkehr wurde erheblich gestört. Um dem zu begegnen und weiterhin Warfen abzutransportieren, wurde der Eisenbahnverkehr mit französischen und belgischen Eisenbahnern unter eigener Regie zeitweise fortgeführt.

Aus dieser Zeit stammt die Aufnahme vom 21.Juli 1924. Bei der Lok handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die ehemalige HALLE 4926, die von Deutschland an Belgien abgegeben wurde. Bei der 1926 gegründeten SNCB wurde sie als 8126 eingereiht.

 

Ein weiteres sehr interessantes Bild stellt mit Christian Dahm zur Verfügung, Es zeigt die Stettin 5178, die auf der Führerhauseeite die Aufschrift "Rothe Erde" trägt.
Betrachtet man die abgebildeten Personen, so kann man zu dem Schluß kommen, dass auch dieses Bild 1924 entstanden ist.

 

 

 

 

Der Umzeichnungsplan der Deutschen Reichsbahn aus dem Jahr 1925 weist für das Bw Aachen Rothe Erde folgende Lokomotiven aus.

Baureihe

Nummer

preußische Gattung

53

7012, 7052, 7093, 7116

G 3

55 229, 2610, 2612, 3119, 5086 

G 7.1

55 2610, 2612, 3119, 5086

G 8.1

94 396, 411

T 16

94

584, 815, 889

T 16.1

 

Bereits sieben Jahre später wurde das Bw Aachen Rothe Erde geschlossen. Zum 01.April 1932 wurde es Außenstelle des Bw Aachen Hbf.

Aus der Sammlung von Herrn Manfred Enge, der von 1966 bis 1972 Vertreter des Dienstvorstehers  im Bf Aachen Rothe Erde war, stammt das folgende Bild:

Am 20.03.1932 war die Belegschaft des Bw Aachen Rothe Erde zu einem Abschiedsfoto vor dem Lokschuppen versammelt.

 

 

Die Ausschnittsvergrößerung zeigt noch einmal deutlich den Anlass.

 

Das Foto wurde durch Herrn  Helmuth Haveneth, dessen Vater als Reservelokführer mit abgelichtet wurde, zur Verfügung gestellt.

Ein Bild aus den 60er Jahren zeigt einen Teil der Anlagen des Bw Aachen Rothe Erde.
Im Vordergrund ist das Einfahrtsignal in Richtung Rothe Erde der Strecke Aachen   - Kornelimünster - Walheim zu sehen. Sehr schön ist der alte Wasserturm zu erkennen. Zu dieser Zeit war er bereits dem Verfall Preis gegeben. Im Vergleich mit dem weiter oben abgebildeten Plan aus dem Jahr 1940, kann man die ehemalige Werkstatt und das
Gebäude der Bahnmeisterei wieder erkennen.

 

Der Wasserturm hatte das Bahnbetriebswerk zwar noch etliche Jahre überlebt, doch 1967 kam auch für ihn das Ende. Die Aachener Volkszeitung berichtete am 19.09.1967 vom Abriss des Wasserturmes.

 

Spurensuche:

1989 besuchte ich einmal die Stelle, wo das Bw einst stand und traf dort noch Gebäudereste, die eindeutig dem Bw zuzuordnen sind.

 

Hier sieht man die Rückwand des ehemaligen Lokschuppens
Foto: © Guido Rademacher                   

Foto: © Guido Rademacher     

Dieses Gebäude ist auf dem Bild aus den 60er Jahren ebenfalls zu erkennen. Über seine Funktion schrieb mir Herbert Meyers, der 1965 seine Ausbildung zum Starkstromelektriker im Bw Aachen Hbf absolvierte:
"Das damalige 3. Lehrjahr musste dieses Gebäude als Gesellstück mit neuen Leitungen versehen. Es diente der damaligen Bahnmeisterei als Werkstatt und Aufenthaltsraum. Wir vom 1. Lehrjahr leisteten hierbei "wertvolle" Hilfe".

Und zu guter letzt noch ein Bild, das einen Wagen zeigt, der die Beschriftung "Bahnhofswagen - Bw Aachen" trägt. Ob dieser Wagen noch erhalten ist, wage ich zu bezweifeln

 

Damit endet der kurze Abriss der Geschichte des Bw Aachen Rothe Erde.
Ich habe lange Zeit gedacht, zur Geschichte des Bw Aachen Rothe Erde werde ich nach all den Jahren der Recherche keine weiteren Bilder oder Dokumente zeigen können. Ich bin positiv überrascht worden und ich möchte allen danken, die mich mit Bildmaterial oder mit Hintergrundinformationen unterstützt haben.